Wir möchten an dieser Stelle ganz offen sagen: Dies ist das wichtigste Thema, das jeder ernsthaft bedenken sollte, bevor er sich für eine Haartransplantation entscheidet.
Vielleicht haben Sie im Internet schon Aussagen gelesen wie: „Jeder gesunde Mensch ab 18 Jahren kann sich einer Haartransplantation unterziehen.“ Doch das ist schlichtweg falsch.
Leider gibt es zahlreiche Patienten, die nach einer Transplantation große Enttäuschungen erlebt haben – nicht, weil die Operation an sich ungeeignet war, sondern weil sie von Anfang an nicht die richtigen Kandidaten dafür waren. Der Grund liegt fast immer in falschen Entscheidungen vor dem Eingriff.
👉 Deshalb betonen wir ausdrücklich:
Die Prüfung der individuellen Eignung vor einer Haartransplantation ist der entscheidendste Faktor, um ein langfristig erfolgreiches und natürliches Ergebnis zu erzielen.
Sind Sie für eine Haartransplantation geeignet?
Jeder Patient wünscht sich nach einer Haartransplantation ein optimales Ergebnis. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, müssen jedoch drei entscheidende Kriterien gleichzeitig erfüllt sein:
- Hohe Anwuchsrate der transplantierten Haare
– Die verpflanzten Grafts müssen in großer Zahl erfolgreich anwachsen. - Ausreichende Haardichte
– Für ein zufriedenstellendes Ergebnis sollten mindestens 35–40 Grafts pro cm² eingesetzt werden. - Ein vollkommen natürliches Erscheinungsbild
– Denken Sie daran: Ein unnatürliches Ergebnis führt garantiert dazu, dass der Patient unzufrieden bleibt – unabhängig von der Menge der verpflanzten Haare.
Die entscheidende Frage lautet also: Sind Sie überhaupt ein geeigneter Kandidat für eine Haartransplantation?
Wenn Sie eine Haartransplantation in Betracht ziehen, empfehlen wir Ihnen dringend, unser Video zu den Eignungskriterien anzusehen.
Als Bewertungskriterien sollten insbesondere die folgenden Punkte berücksichtigt werden:
1) Spenderbereich – Kapazität und Stärke
Die Anzahl aller kräftigen Haare, die aus dem Donorbereich im Nacken entnommen werden können, bezeichnet man als Donorkapazität. Sind zusätzlich Barthaare oder Brusthaare stark genug, können auch diese in die Gesamtkapazität einbezogen werden.
Die Dicke und Qualität der Donorhaare sind ein entscheidendes Kriterium für die Eignung zur Haartransplantation. Ein erfahrener Haarchirurg beginnt die Untersuchung stets mit einer Analyse des Donorbereichs und stellt dabei unter anderem folgende Fragen:
- Gibt es im Donorbereich genügend Grafts?
- Wie ist die Qualität der vorhandenen Grafts?
- Wie viele Grafts aus der Gesamtkapazität eignen sich für die aktuelle Haartransplantation?
- Wie viele Grafts bleiben für eine eventuelle zweite Operation übrig?
👉 Die Antworten auf diese Fragen sind entscheidend, um festzustellen, ob Sie für eine Haartransplantation geeignet sind oder nicht.

2) Alter und genetische Faktoren
Einer der wichtigsten Kriterien für eine Haartransplantation ist das Alter des Patienten. Denken Sie daran: Eine Entscheidung für eine Transplantation in sehr jungen Jahren birgt erhebliche Risiken.
Die häufigste Ursache für Haarausfall ist die sogenannte androgenetische Alopezie (erblich bedingter Haarausfall). Das Muster dieses Haarausfalls wird häufig genetisch weitergegeben – beispielsweise von Vater, Onkel oder anderen nahen Verwandten.
Ein Beispiel:
Stellen wir uns einen 25-jährigen Mann mit aggressivem Haarausfall vor. Sein Haar beginnt bereits zu dünner zu werden. Wenn sein Vater oder Onkel unter einem Norwood-Typ 6–7 leidet, ist es sehr wahrscheinlich, dass auch bei ihm ein schneller Fortschritt in diese Richtung erfolgt.
In einem solchen Fall wird eine frühzeitige Haartransplantation kaum langfristig zufriedenstellend sein. Denn die nicht transplantierten Haare werden weiterhin ausfallen – und in späteren Jahren könnten nur noch die verpflanzten Haare übrigbleiben.
3) Art des Haarausfalls
Zur Bestimmung des Haarausfalltyps ist die Norwood-Skala ein äußerst hilfreiches Instrument. Ein erfahrener Haarchirurg führt anhand dieser Skala folgende Überlegungen an:
- Wie viele Grafts können aus dem Donorbereich entnommen werden?
- Wie groß ist die zu transplantierende Fläche in cm²?
- Wird die Gesamtzahl der verfügbaren Grafts durch die Fläche geteilt, ergibt sich die geplante Graft-Dichte pro cm². (Formel: Graft-Anzahl ÷ Fläche (cm²))
Bei großflächigen kahlen Stellen, wie sie in Norwood-Stadium 6–7 vorkommen, sind zur vollständigen Abdeckung mindestens 7.000–8.000 Grafts erforderlich.
👉 In den meisten Fällen lässt sich diese hohe Zahl jedoch nicht allein aus dem Donorbereich entnehmen. Eine vollständige Abdeckung des gesamten Kopfes ist deshalb in solchen Fällen kaum möglich.
4) Ursache des Haarausfalls
Ohne die Ursache des Haarausfalls zu kennen, sollte keine Entscheidung für eine Haartransplantation getroffen werden. Besonders bei Frauen ist dies von entscheidender Bedeutung.
Denn die Ursachen für Haarausfall bei Frauen sind häufig hormonell oder durch stoffwechselbedingte Erkrankungen bedingt. Beispiele hierfür sind Schilddrüsenerkrankungen oder Anämie. In solchen Fällen muss die medizinische Behandlung der Grunderkrankung Vorrang haben.
Eine Haartransplantation ohne vorherige Behandlung der zugrunde liegenden Krankheit wird kaum Erfolg bringen. Denn für eine erfolgreiche Transplantation ist es notwendig, dass im Donorbereich starke und ausfallresistente Haare vorhanden sind. Bei Erkrankungen wie Schilddrüsenstörungen oder Anämie sind jedoch auch die Donorhaare dünn, geschwächt und ausfallgefährdet. In solchen Fällen würden die verpflanzten Haare entweder gar nicht anwachsen oder nach kurzer Zeit wieder ausfallen. Deshalb sollten bei Frauen zur Abklärung der Ursache unbedingt Blutuntersuchungen und weitere Labortests durchgeführt werden.
Bei Männern hingegen lässt sich die Ursache für den Haarausfall in den meisten Fällen bereits durch eine kurze Anamnese und eine körperliche Untersuchung feststellen. Denn bei ihnen liegt der Grund in rund 95 % der Fälle in einer androgenetischen Alopezie (erblich bedingter Haarausfall).
5) Chronische Erkrankungen
ÖBesonders bei Personen über 40 Jahren, die eine Haartransplantation in Betracht ziehen, müssen mögliche systemische Erkrankungen sowie die eingenommenen Medikamente unbedingt berücksichtigt werden.
Beispiele:
- Herzmedikamente können mit den bei der Haartransplantation verwendeten Lokalanästhetika Wechselwirkungen verursachen.
- Bei Gerinnungsstörungen wie Hämophilie ist eine Haartransplantation nicht zu empfehlen.
- Patienten, die Blutverdünner einnehmen, müssen diese Medikamente möglicherweise vor der Operation absetzen.
- Bei Bluthochdruck oder Diabetes mellitus darf eine Haartransplantation nur dann durchgeführt werden, wenn Blutdruck und Blutzuckerwerte stabil eingestellt sind.
👉 Bei solchen systemischen Erkrankungen ist es vor einer endgültigen Entscheidung für eine Haartransplantation unbedingt ratsam, eine internistische oder kardiologische Konsultation durchzuführen.
6) Welche Erwartungen haben Sie an eine Haartransplantation?
Vergessen Sie bitte nicht: Auch die erfahrensten Haarchirurgen besitzen keinen Zauberstab. Ärzte können lediglich Ihre Haare aus dem Donorbereich entnehmen und in die kahlen Stellen transplantieren.
Deshalb spielen hier ganz einfache mathematische Regeln eine Rolle:
Die Anzahl der verpflanzten Grafts entspricht maximal der Anzahl der entnommenen Grafts. Mit anderen Worten: Wenn bei Ihnen 3.000 Grafts entnommen werden, dann können auch höchstens 3.000 Grafts wieder eingesetzt werden.
👉 Das bedeutet: Wer mit einem fortgeschrittenen Haarausfall im Stadium Norwood 6–7 rechnet und erwartet, dass der gesamte Kopf wieder vollständig bedeckt wird, wird zwangsläufig enttäuscht werden. In solchen Fällen ist es besser, von einer Haartransplantation abzusehen.
Fallbeispiele zur Haartransplantation
Im Folgenden stellen wir Ihnen einige Beispiele aus der Praxis vor. Diese sollen Ihnen dabei helfen, besser einschätzen zu können, ob Sie für eine Haartransplantation geeignet sind. Außerdem geben sie eine Vorstellung davon, welche Ergebnisse realistisch möglich sind.
Beispiel 1:
Ein 22-jähriger Student mit Norwood-Typ 3 Haarausfall. Seine Haare sind bereits sehr dünn und schwach, zudem besteht ein aktiver Haarausfall. Sein Vater (52 Jahre) hat Norwood-Typ 7 Haarausfall.
👉 In diesem Fall ist eine Haartransplantation nicht sinnvoll. Die androgenetische Alopezie wird sich schnell in Richtung des Haarausfallmusters des Vaters entwickeln. Selbst wenn jetzt eine Transplantation erfolgt, wäre der Patient vielleicht für 1–2 Jahre zufrieden – doch die eigenen Haare würden weiterhin schnell ausfallen, sodass bald nur noch die transplantierten (oder ebenfalls ausgefallenen) Haare übrigblieben. Hier ist eine medizinische Therapie der bessere Ansatz.
Beispiel 2:
Ein 25-jähriger Mann mit Norwood-Typ 3. Die Geheimratsecken sind zurückgewichen, aber die Haare im Donorbereich sind stark, mit einer Gesamtkapazität von 7.000–8.000 Grafts. Sein Vater (50 Jahre) hat Norwood-Typ 5.
👉 Dieser Patient ist geeignet für eine Haartransplantation. Für die Korrektur reichen etwa 2.500 Grafts. Selbst wenn später weitere Haare ausfallen, ist die Donorkapazität groß genug für weitere Sitzungen.
Beispiel 3:
Eine 45-jährige Frau mit diffusem Haarausfall sowie Hypothyreose und Anämie. Die Haare im Donorbereich sind sehr dünn, dennoch wünscht sie eine Transplantation.
👉 In diesem Fall ist die Haartransplantation nicht geeignet. Zuerst müssen die Schilddrüsenerkrankung und die Anämie behandelt werden. Ansonsten würden die transplantierten Haare mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht anwachsen oder nach kurzer Zeit wieder ausfallen.
Beispiel 4:
Eine 27-jährige Frau mit angeborener hoher Stirn, jedoch ohne Haarausfallprobleme. Die Donorhaare sind stark und gesund, und sie wünscht eine Haartransplantation.
👉 Sie ist eine ideale Kandidatin. Mit etwa 1.700–2.000 Grafts kann die Haarlinie abgesenkt werden – mit hoher Zufriedenheit für die Patientin.
Beispiel 5:
Ein 53-jähriger Mann mit Norwood-Typ 6–7 Haarausfall. Zusätzlich leidet er an Hypertonie und Diabetes und nimmt Blutverdünner ein. Er weiß, dass der gesamte Kopf nicht vollständig bedeckt werden kann, wünscht aber trotzdem eine Transplantation.
👉 Eine Haartransplantation ist in diesem Fall möglich und kann ein zufriedenstellendes Ergebnis bringen. Allerdings muss zuvor eine Freigabe durch einen Kardiologen oder Internisten erfolgen.
Fazit:
Wie diese fünf Beispiele zeigen, hängt die Eignung für eine Haartransplantation nicht von einem einzigen Faktor wie Alter oder Haarausfallmuster ab. Vielmehr müssen alle relevanten Kriterien gemeinsam bewertet werden, um eine fundierte Entscheidung zu treffen.
Ein erfahrener Haarchirurg bewertet all diese Kriterien und versucht, die Antwort auf zwei entscheidende Fragen zu finden:
- Ist diese Person überhaupt für eine Haartransplantation geeignet oder nicht?
- Und falls ja: Wird sie mit dem Ergebnis auch wirklich zufrieden sein?
👉 Können beide Fragen positiv beantwortet werden, steht einer Haartransplantation nichts im Wege.
Fazit
Bevor Sie sich für eine Haartransplantation entscheiden, sollten Sie sich unbedingt von einem erfahrenen Arzt untersuchen lassen. Vertrauen Sie nicht auf unrealistische Werbeversprechen im Internet – und meiden Sie insbesondere Kliniken, die mit Aussagen wie „unbegrenzte Haarwurzeln“ werben. Jeder Mensch hat nur eine begrenzte Donorkapazität – neues Haar „aus dem Nichts“ zu schaffen, ist schlichtweg unmöglich. Haarchirurgen können lediglich Ihre starken Haare aus dem Donorbereich entnehmen und in kahle oder lichte Zonen verpflanzen. Deshalb ist es wichtig, die eigene Donorkapazität zu kennen und mit realistischen Erwartungen an die Sache heranzugehen.
Auch Aussagen wie „Bei jedem gesunden Menschen ab 18 Jahren kann eine Haartransplantation durchgeführt werden“ sind falsch. Vergessen Sie nicht: Eine Haartransplantation ist ausschließlich für diejenigen sinnvoll, die tatsächlich dafür geeignet sind. Wer sich unüberlegt und ohne gründliche Recherche für eine Operation entscheidet, riskiert ein hohes Maß an Misserfolg.
Wenn wir mit diesem Beitrag dazu beitragen konnten, Ihnen mehr Klarheit vor einer Entscheidung zu verschaffen, freut uns das sehr.
Wir wünschen Ihnen allen Gesundheit – und volles Haar.
Kann bei einer HIV- oder Hepatitis-C-positiven Person eine Haartransplantation durchgeführt werden?
Kann bei HIV- oder Hepatitis-C-positiven Patienten eine Haartransplantation durchgeführt werden?
Vielleicht haben Sie schon gehört, dass bei Patienten mit HIV oder Hepatitis C grundsätzlich keine Haartransplantation durchgeführt werden könne. Doch das ist nicht korrekt – hier möchten wir Ihnen eine differenzierte, „tabubrechende“ Antwort geben:
Stellen Sie sich einen HIV-positiven Patienten mit einer akuten Appendizitis vor. Niemand würde diesem Patienten eine lebensnotwendige Operation verweigern – das wäre sogar strafbar. Genau so verhält es sich auch bei der Haartransplantation.
👉 Wichtig ist der Zeitpunkt und der Krankheitsstatus:
Befindet sich die Erkrankung in einer aktiven Phase, ist eine Haartransplantation nicht sinnvoll.
Handelt es sich jedoch um eine Person, bei der vor 10–15 Jahren eine HIV- oder Hepatitis-Diagnose gestellt wurde und die heute lediglich Trägerstatus hat, kann eine Haartransplantation problemlos durchgeführt werden.
Kann bei völlig kahlen Personen eine Haartransplantation durchgeführt werden?
Eine Person, die komplett kahl ist, entspricht in der Regel dem Norwood-Typ 7. Um eine so große Fläche vollständig zu bedecken, wären extrem viele Grafts erforderlich – eine komplette Abdeckung ist praktisch nicht möglich.
👉Ein 30-jähriger Patient wäre mit diesem Ergebnis in der Regel nicht zufrieden. Daher ist eine Haartransplantation in einem solchen Fall nicht sinnvoll.
👉Ein 50-jähriger Patient hingegen könnte mit demselben Ergebnis durchaus zufrieden sein – hier kann eine Haartransplantation sinnvoll sein.